Ihr Lieben,
auf der #BDK22 von Bündnis 090/Die Grünen in Bonn haben wir zusammen mit mehr als 700 anderen Delegierte vom 14.–16. Oktober viele wichtige Entscheidungen getroffen, die die Linie der Partei markieren und damit direkt auf die Arbeit der Ampelregierung einwirken.
Anders als es die Presse darstellt, haben wir dabei nicht „unsere DNA geopfert“, sondern in fairer Debatte mit oft hart-errungenen und (meist) glaubhaften Kompromissen auf die brutale Realität reagiert, in der unsere Fraktion und Minister*innen handlungsfähig bleiben müssen. Es war der erste Parteitag nach zwei Jahren Corona Pause, der in Präsenz stattfand, der erste, seit die Grünen im Dezember nach 19 Jahren Opposition wieder in der Regierung sind und der erste seit der „Zeitenwende“ des 24. Februar 2022 durch Putins Angriffskrieg auf die Ukraine.
Entsprechend gab es einige Beschlüsse mit direktem Bezug zum russischen Angriffskrieg. Zunächst den Beschluss zur Energiesicherheit ES-01, der einen klaren Fokus auf den Ausbau erneuerbarer Energien legt und den Weiterbetrieb der süddeutschen AKWs nur bis zum April 2023 duldet. Wenn der Kanzler gestern als Kompromiss mit der FDP den Betrieb von Emsland erzwingt, dafür aber den 15. April bestätigt, haben wir diesen Beschluss im Kern schon in Politik umgesetzt, wenn auch anders als erhofft. Denn der Betrieb von Emsland gefährdet die Netzstabilität und kann dazu führen, dass im Norden erneuerbare Energien wie Windkraft vom Netz genommen werden müssen, um es nicht mit zu viel Strom zu belasten.
Der Beschluss zum Leitantrag FS-12 gibt ein klares Bekenntnis zur Einbindung deutscher Politik in die Europäische Union und die Vereinten Nationen und zu einer feministischen Außenpolitik. Der Beschluss manifestiert unsere Solidarität mit der Ukraine, die wir bestmöglich mit Waffenlieferungen unterstützen wollen, gerade „weil wir ein pazifistische Partei sind“, wie Annalena sagt, betont aber den Pazifismus als Grünen Leitgedanken. Frieden für die Ukraine ist erst möglich, wenn Putin geschlagen ist. FS-09 ergänzt das mit dem Bekenntnis zum Schutz der ukrainischen Geflohenen im Land und in der EU. Noch vor dem Winter muss dort Infrastruktur aufgebaut und gestärkt werden.
Mit dem Dringlichkeitsantrag D‑01 fordern wir massive Bemühungen für den Schutz unserer Infrastruktur gegen russische (und mögliche andere) Angriffe, wie sie sich zurzeit häufen. I‑11 bekennt sich zu den staatlichen Schutzschirmen für Bürger*innen und Wirtschaft in Deutschland.
FS-20 bekennt sich zur Unterstützung der Demonstrierenden im Iran und fordert eine Änderung der Asylpolitik der Bundesregierung. Es muss maximaler Druck auf die Ayatollahs ausgeübt werden, Abschiebungen in den Nahen Osten sind auszusetzen und zumindest subsidiärer Schutz muss allen Geflohenen aus der Region gewährt werden. Mit FS-15 fordern wir weiterhin den systematischen Ausbau der Seenotrettung im Mittelmeer sowie die sichere und menschenwürdige Unterbringung der Geflohenen. Der Antrag FS-22 mit der Aufforderung zum Widerruf der Exportgenehmigung von Waffensystemen an Saudi-Arabien fand leider keine Mehrheit.
Auch zum Thema Klimaschutz gab es zwei wichtige Beschlüsse. K‑13 betrifft die Erarbeitung eines nationalen Hitzeschutzplans. Und schließlich wurde am Sonntagnachmittag der Leitantrag Klima K‑06 diskutiert, zu dem es 63 Änderungsanträge gab. Einer davon war der Antrag der Grünen Jugend, die ein Moratorium zum Braunkohlekompromiss in NRW durchsetzen wollte. Schon morgens hatten Aktivist*innen der Klimabewegung vor der Halle lautstark die Delegierten zur Unterstützung aufgefordert, und in der Halle war spürbar, dass die Entscheidung knapp werden würde. Obwohl die Argumente für das Moratorium stark waren, trotz der Mahnungen von Luisa Neubaur, trotz der Symbolwirkung des Ortes Lützerath, der durch den Kompromiss zum Abbaggern freigegeben wurde, konnte sich der Bundesvorstand mit knapp mit 49% Nein- gegen 46% Ja-Stimmen am Ende durchsetzen. Diese Entscheidung haben wir Regensburger Delegierte nicht mitgetragen.
Einen konkreten Einblick in die Regierungstätigkeit und die damit verbundenen Herausforderungen erlaubten Treffen, in denen sich die Staatsekretär*innen aus den sechs Grünen Ministerien am Samstagmorgen den Fragen der Delegierten stellten.
Unser Fazit:
- Eine BDK zur richtigen Zeit, um an der Nahtstelle zwischen Parteiprogramm und der Realität schwierige, aber wichtige Entscheidungen treffen.
- Eine BDK, auf der der Wille der Partei deutlich wurde, grade in schwierigen Zeiten Verantwortung zu tragen und Lösungen zu bieten.
- Eine BDK, die die Dilemmata zwischen dem friedenspolitischen Bekenntnis und der Realpolitik im Umgang mit (kriegerischen) Autokraten nicht unter den Teppich gekehrt hat.
- Eine BDK aber auch, die das Verhältnis der Partei zur Umwelt- und Klimabewegung belastet hat. Wenn wir als Umweltpartei glaubhaft bleiben wollen, braucht es dringend weitere klare Schritte in Richtung des Pariser Klimaabkommens!
Sämtliche Beschlüsse könnt Ihr nachlesen oder downloaden unter www.antraege.gruene.de im Punkt Beschlüsse.
Daniel, Eva & Elisabeth