Vor Kurzem durften wir unser zweihundertstes Mitglied bei den Regensburger Grünen begrüßen. Susanne Berckhemer ist 40 Jahre alt, Schauspielerin – u. a. am Theater Regensburg – und Mutter von 2 Kindern. Vor allem ist sie auch ein Mensch, der politisch denkt.
Susanne, du hast dich auch schon vor deiner Zeit bei den Grünen engagiert. In welchem Bereich bist du denn noch sozial aktiv?
Wir haben im Rahmen der Kulturhauptstadt Sibiu 2007 mit unserem Berliner Künstlerkollektiv spreeagenten ein Dorftheaterprojekt mit Laien auf die Beine gestellt, an dem Rumänen, Roma, Deutsche und Ungarn beteiligt waren.
Daraus folgend haben wir dort mehrere Jahre eine Hausaufgabenbetreuung organisiert, da vor allem die Romakinder schulisch ziemlich auf der Strecke bleiben. Am Ende konnte ich das Projekt leider nicht mehr finanzieren, da ich die Ersparnisse aus meiner Fernsehserienzeit aufgebraucht hatte.
Hier in Regensburg habe ich durch das „Welcome“ – Konzert eine Gruppe von syrischen jungen Männern kennengelernt, die mittlerweile ein bisschen mit zur Familie gehören und Weihnachten und Kindergeburtstage mit uns feiern. Wir haben sie bei der Wohnungssuche, den Umzügen, Möbelbeschaffung und Amtsgängen unterstützt. Momentan sind wir sehr mit den Fragen über ihre berufliche Zukunft beschäftigt, was nicht einfach ist und einem auch nicht einfach gemacht wird.
Da sie alle in unterschiedlichen Nachtschichten jobben, sehen wir uns zur Zeit leider nicht so oft wie sonst.
Susanne, seit wann spielst du mit dem Gedanken, einer Partei beizutreten? Was hat dir letztendlich den Ausschlag dazu gegeben?
Die wachsende Ablehnung gegen alles, was unseren Wohlstand bedroht, die Hetze gegen Flüchtlinge und die Verrohung der Gesellschaft durch den wachsenden Populismus in den westlichen Ländern haben mich alarmiert. Letztlich war der Einzug der AfD in den deutschen Bundestag der ausschlaggebende Moment, mich stark zu machen und Stellung zu beziehen, in dem ich einer Partei beitrete.
Warum ist deine Wahl ausgerechnet auf die Grünen gefallen?
Weil mir die Themen Umwelt, Klimawandel, Chancengleichheit, Bildung und ein realistischer empathischer Umgang mit Flüchtlingen sehr wichtig sind.
Man kann sicher nicht mit jeder Aussage einer Partei meinungskonform sein. Es geht um die größtmögliche Schnittmenge. Und das sind eindeutig die Grünen.
Wie siehst du auf die aktuellen Entwicklungen in der deutschen Politik aber auch weltweit?
Wir dürfen das Feld nicht den Parteien überlassen, die mit der gefühlten Angst und Unsicherheit der Menschen, angereichert mit völkischer Folklore, ihre Parteiprogramme bestücken. Die nationales Denken propagieren, um unseren Wohlstand zu sichern.
Jegliche Verlässlichkeit und Integrität, jegliches Empathievermögen, scheint diesen Populisten abhanden gekommen und Wähler werten das ganze Krakele als Stärke.
Das sind neben Amerika, Italien, Frankreich, den Niederlanden und eben auch Deutschland überall die gleichen Tendenzen.
Da gilt es, sich mit realen Fakten und guten Konzepten, die die Ängste der Menschen ernst nehmen, zu positionieren und sich gegen die Hetze zu stellen.
Die aktuellen Äußerungen von Herrn Seehofer machen mich fassungslos. Ich bin schockiert.
Was siehst du als die größten politischen Herausforderungen unserer Zeit?
Für mich ist das der Klimawandel und die daraus resultierenden Fluchtbewegungen, die uns die nächsten Jahrzehnte beschäftigen werden
Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten, es geht nur noch um das Ausmaß, der für uns Menschen bedrohenden Veränderungen. Ich finde es monströs, dass wir Menschen es schaffen konnten, in wenigen hundert Jahren einen Planeten so zu schädigen, dass unsere eigene Existenz massiv bedroht ist.
Es müsste jetzt schnell gehandelt werden. Da kann es nicht darum gehen in einigen Sektoren Arbeitsplätze zu sichern oder sich durch Lobbyisten seinen Machterhalt zu sichern. Mich macht das ganz unruhig – das Motto mitgehangen mitgefangen.
Ich schäme mich schon jetzt vor meinen Kindern dafür, dass wir nicht rechtzeitig gehandelt haben. Wir tragen doch Verantwortung für die nächsten Generationen.
Der renommierte Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber hat in einem Interview gesagt, dass es nicht zu verstehen sei, dass wir Menschen nicht alle täglich zu Hunderttausenden auf die Straßen rennen und unsere Politiker zum sofortigen handeln auffordern.
Der Mensch reagiert erst, wenn es für ihn spürbar unbequem wird. Dann wird es vielleicht zu spät sein.
Siehst du Möglichkeiten diesbezüglich kleine Dinge in Regensburg sofort umzusetzen?
Man müsste mehr Carsharing anbieten und dafür bei den bayrischen Automobilliebhabern werben. Als ich in Berlin und Heidelberg gelebt habe, habe ich das viel genutzt. Ich war entsetzt, dass es hier so wenig angeboten wird.
Mich freut, dass der Lastenfahrradhype auch hier ausgebrochen ist. Die Förderung der Stadt finde ich toll.
Ich würde viel mehr Urban Gardening- Projekte fördern oder veranlassen.
Statt Zierblumen und Büschen in städtischen Parks und Wiesen Gurken, Himbeeren, Salat und Trauben.… in dem bezaubernden französischen Dokumentarfilm „Tomorrow“ sieht man amerikanische Kleinstädte, die sich selbst versorgen.
Die Regionalität im Handel und der Gastronomie könnte man noch stärker fördern und auch da mehr Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten.
Und man könnte diesbezüglich vielleicht regelmäßiger und konsequenter mit den Supermärkten in Kontakt treten. Auch was den irrsinnigen Verpackungswahn der Deutschen betrifft.