Wem kommen die Gelder der Stadt zugute? Verstärkt die Stadt durch ihre Investitionen bestehende Ungleichheiten oder wirkt sie ihnen entgegen? Erreichen die Mittel überhaupt die vorgesehene Zielgruppe?Die Methode Gender Budgeting hilft, diese Fragen zu beantworten – und zwar nicht ausschließlich in Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Was genauer dahinter steckt, wo Chancen liegen oder wo Fallen lauern und nicht zuletzt die Frage, wie das Ganze in Regensburg aussehen könnte: Diesen Fragen gingen wir am Mittwoch, den 11.5. nach.
Lydia Dietrich hat das Thema als langjährige Stadträtin, Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende der Gleichstellungskommission in München mit durchgesetzt und verfolgt. Gender Budgeting ist für sie das Mittel, um sicherzustellen, dass die Gelder der Stadt wirklich bedarfsgerecht verteilt werden. Es schafft Transparenz – diese Transparenz ist gleichzeitig ein Grund, warum es in Politik und Verwaltung oft Widerstände dagegen gibt. Die Vorteile liegen aber auf der Hand: Soziale Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Kund*innenorientierung, Transparenz. „Gender Budgeting sorgt dafür, dass wir gerecht und zielgerichtet mit Steuergeldern umgehen“, so Dietrich.
Dort, wo es angewendet wurde, ist dieses Konzept so erfolgreich, dass es in Österreich seit 2009 gar in der Verfassung steht. „Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist ein grundlegendes Menschenrecht und wesentlich für eine sozial gerechte Gesellschaft“, steht dazu auf der Webseite des österreichischen Bundeskanzleramts.
In welchen Bereichen könnte Regensburg davon profitieren? Die anwesenden Zuhörer*innen sammelten auf dem Whiteboard Ideen. Viele Anregungen drehen sich um Stadt- und Verkehrsplanung, die Stadt der kurzen Wege sowie um Kinderbetreuungsangebote. Auch Sportfördermittel, städtische Preise und Auszeichnungen sowie Fort- und Weiterbildungen innerhalb der Stadtverwaltung werden genannt.
Anna Hopfe, Grüne Stadträtin in Regensburg, fasst zusammen: „Regensburg ist hier tatsächlich im Verzug.“ Als aktuelles Beispiel führt sie den Ersatzbau des Jugendzentrum in Königswiesen auf: Als die Pläne Ende April im Bau und Vergabeausschuss vorgestellt wurden, hakte unsere Stadträtin Theresa Eberlein nach, ob bei der Planung der Außenanlagen die Wünsche von Jungen und Mädchen gleichermaßen berücksichtigt worden seien und stieß mit dieser Frage nur auf Unverständnis.
Die für Gender Budgeting nötigen Kennzahlen werden in Regensburg teilweise bereits erhoben, berichtet Anna Hopfe, „die Zahlen werden jedoch noch nicht politisch ausgewertet und genutzt. Die Teilnahme städtischer Mitarbeiter*innen an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wird beispielsweise bereits nach Geschlecht aufgeschlüsselt und im jährlichen Personal- und Organisationsbericht an den Stadtrat berichtet. Hier könnte sofort angesetzt und überprüft werden, warum Mitarbeiter*innen verschieden von den Schulungen profitieren, sie auf Führungsaufgaben vorbereiten – und gegebenenfalls ausgleichende Maßnahmen ergreifen.“ In München wurde genau dieser Hebel genutzt, was sich schnell in einem höheren Anteil an Frauen in Führungspositionen niederschlug. Man könne sich viel von anderen Kommunen abschauen, meint Lydia Dietrich, „man muss das Rad nicht neu erfinden“.
Claudia Weigert und Helene Sigloch, die die Veranstaltung organisiert haben, zeigen sich zufrieden: „Die Kommune hat hier einen mächtigen Hebel, der sollte viel mehr genutzt werden“, findet Claudia. „Ich habe heute viel gelernt.“ Helene ergänzt: „Mich hat gefreut, dass sich heute trotz des schönen Wetters einige Leute die Zeit für eine digitale Veranstaltung genommen haben. Das Thema muss dringend bekannter werden, vor allem natürlich in der Verwaltung. Hier ist für Regensburg noch viel zu holen.“ Claudia fügt hinzu: „Wir wollen, dass Regensburg für alle da ist. Der AK Stadtentwicklung und der AK Frauen wollen in Zukunft noch öfter zusammenarbeiten und weitere Möglichkeiten für eine inklusive und feministische Stadtplanung aufzeigen.“
Weitere Quellen: https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/frauen-und-gleichstellung/gender-mainstreaming-und-budgeting.htmlhttps://stadt.muenchen.de/dam/jcr:0363d6af-213b-42d0-a636-d9cd92c47db8/Konferenzbericht_Doppelseiten_NEU.pdf